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Der nationalistische Irrweg

Ich bin ein Patriot. Ich finde, dass wir Deutschen allen Grund haben, auf unser Land stolz zu sein. Es ist ein freundliches, ziviles, sicheres und angenehmes Land. Nirgendwo in der Welt habe ich bislang Ablehnung deshalb erfahren, weil ich aus Deutschland stamme; im Gegenteil, oft genug verschafft es mir einen Sympathiebonus. Ich verstehe meine deutsche Prägung dabei immer als etwas Bereicherndes. Wir Deutschen haben etwas, das wir ohne falsche Scheu einbringen können, wenn in Europa und der Welt etwas bewegt werden soll.

Nun ist ein solches Bekenntnis in Deutschland nicht ganz selbstverständlich. Meine Erfahrung ist, dass mir zwar nahezu alle Menschen, die es hören, zustimmen – auch jene, die sonst so gar nicht meiner Meinung sind – aber es sich die wenigsten getrauen, das offen auszusprechen. Jaja, die „Vergangenheit“. Richtig ist, dass ein völlig aus dem Ruder gelaufener Nationalismus viel Unheil im 20. Jahrhundert angerichtet hat. Der Erste Weltkrieg ist wohl ohne nationale Idee nicht zu erklären. Der Zweite Weltkrieg war zwar mehr ein Krieg von Ideologien denn von Nationen – anders kann man sich die großen Exilantengemeinschaften nicht erklären – aber auch diese basierten letztlich auf der nationalen Idee. Folgerichtig sahen es die westeuropäischen Politiker der Nachkriegszeit als ihre Mission an, diese Idee zu überwinden und stattdessen ein einiges Europa zu begründen. Bis heute wird deshalb Patriotismus in Deutschland argwöhnisch beäugt, weil man sich vor der einer Rückkehr des alten Nationalismus fürchtet.

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Maximilian Krah

*1977, Deutscher, lebt in Dresden, hat in Dresden Jura (Dr. iur.) und in London und New York Betriebswirtschaft studiert (M.B.A.), interessiert sich für Kunst, Literatur, Philosophie, Theologie, Mode und Politik. Verwitwet, fünf Kinder, katholisch.

Neokonservatismus definiert.

Der Konservative ist alles, nur nicht langweilig. Das unterscheidet ihn vom Spießer.

„Konservativ“ will heute fast jeder sein. „Konservative“ erkennt man daran, daß sie dunkelblaue Anzüge tragen, wenn dunkelblaue Anzüge en vogue sind, und anthrazitfarbene in der nächsten Modesaison. Sie sind grässlich staatstragend und man weiß immer schon im voraus, wie sie handeln werden, weil ihnen noch keiner gesagt hat, dass Berechenbarkeit auch eine Form der Inkompetenz ist. Wüssten sie es, würden sie von Zeit zu Zeit absichtlich überraschend handeln, nur um nicht inkompetent zu erscheinen. „Konservative“ identifizieren sich damit, dass sie die Rolle, die sie meinen spielen zu müssen, überzeugend spielen. Sie erfüllen nur ihre Pflicht, was immer die sein mag, und erfüllen sie gut. Bei ihnen kommen die Züge pünktlich an, egal, ob am Berliner Hauptbahnhof oder an der Rampe von Auschwitz. Wirft man ihnen das vor, reagieren sie empört. Schließlich haben sie nur ihre Pflicht getan. Und, bitteschön und mit dem Ausdruck der Gegenanklage: bei ihnen waren die Züge immerhin pünktlich – an der Rampe.

Seitdem der Konservatismus vom politischen Bekenntnis zum Lebensstil herabsank, sucht man bei Konservativen eine in sich schlüssige geistige Basis vergebens. Thüringens Ex-Ministerpräsident Althaus erklärte vor einigen Jahren, konservativ sei, „mehr für die Wirtschaft zu sein“, und kein Konservativer fand sich, das von sich zu weisen. Dabei kann der Konservatismus eine beachtliche Ideengeschichte aufweisen. Er ist die politische Bewegung, die das, was die französische Revolution mit ihrem Terror an Kultur und Geist vernichtet hatte, erneuern wollte. Der Begriff setzte sich endgültig mit der Umbenennung der Torys in Conservative Party 1832 durch. Konservative waren es, die das ganze 19. Jahrhundert über gegen Nationalismus und Fortschrittsglauben die Idee des christlichen Abendlandes vertraten; was, hätte es sich durchgesetzt, Europa im 20. Jahrhundert vieles erspart hätte.

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Habe nun, ach, Juristerei studiert!

In einem Land wie Deutschland, das vom Fleiß und der Intelligenz seiner Bewohner abhängt, ist Bildungspolitik eminent wichtig. Das betrifft nicht nur die Schulen, sondern auch das Hochschulsystem; ohne den Erfindungsgeist von Naturwissenschaftlern, die Professionalität von Ingenieuren und das strategische Denken von Managern und Rechtsanwälten lässt sich eine Industrie nicht betreiben, ohne die Reflektionen von Sozialwissenschaftlern und Philosophen eine hochkomplexe Gesellschaft nicht zusammenhalten, ohne die Effizienz von Verwaltungsbeamten und Richtern kein Staat machen. Bis zum Machtantritt der Nazis 1933 waren deutsche Universitäten weltweit führend; was heute Harvard, Yale und Columbia sind, waren Heidelberg, Marburg und Berlin. In der Ingenieurausbildung ist Deutschland nach wie vor konkurrenzfähig, aber bei den Geisteswissenschaften findet sich keine deutsche Universität mehr unter den 50 angesehensten der Welt, wenn man den einschlägigen Ranglisten glauben kann. Seit meinem deutschen Jurastudium und meinem Engagement in der Studentenvertretung und beim Ring Christlich Demokratischer Studenten (RCDS) beschäftige ich mich mit Fragen der Hochschulentwicklung. Ab 2010 bis 2012 habe ich an der Columbia University in New York und der London Business School Betriebswirtschaft studiert, mit einem Austauschseminar an der Hong Kong University: http://www.emba-global.com. Einige Erfahrungen und Einsichten für die Hochschulpolitik möchte ich im Folgenden kurz darstellen.

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Constanze Schönberg: Deutschland ist Theater!

Am 3. Oktober 2011 lud meine Schwester Constanze Schönberg Freunde in ihr Berliner Haus ein, um Deutschland zu feiern. Ich finde ihre Rede fantastisch! 

Liebe Gäste, liebe Freunde,

Schweizer treffen sich am 1. August, Amerikaner am 4. Juli, sie treffen sich bei Freunden und feiern – ja was eigentlich? Ihr Vaterland? Starkes Wort. Wir Deutschen haben ja so unsere Probleme mit Pathos. Bleiben wir prosaisch: Sie feiern, dass sie zusammen ein Gemeinwesen bilden, auf das sie stolz sind. Und genau dazu habe ich Sie heute eingeladen.

Wir nehmen uns heute einmal die Freiheit, Deutschland gut zu finden. Wir fokussieren uns also nicht auf den Teil der Geschichte, den wir „Vergangenheit“ nennen, wir fangen nicht an mit „Denk ich an Deutschland in der Nacht“ und wenn wir Brecht zitieren, dann nicht „Der Schoss ist fruchtbar noch“. Bin ich jetzt schon politisch inkorrekt?

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